Die 4-Tage-Woche

Warum eine Umstellung Sinn machen könnte

Laut einer Umfrage von Deloitte[1] planen 22% der Millennials ihren Job zu kündigen, weil sie mit der Work-Life-Balance unzufrieden sind. Nie zuvor war es einer arbeitenden Generation so wichtig ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit zu haben. Umso bedeutender ist ein Fokus auf die Work-Life-Balance. Wird darauf keine Rücksicht genommen, wird es enorme Auswirkungen auf die Talentgewinnung und Mitarbeiter:innenbindung haben. Denn schon der Generation Z ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und das persönliche Wohlbefinden wichtiger als den Millennials. Bezahlte Freistellungen und Tage der geistigen Gesundheit sind für sie unerlässlich. 

„Die Generation der Millennials hat eine andere Werteordnung als die Generationen davor. Wir bewegen uns auf eine postmaterielle Wirtschaft zu. Die Menschen schätzen immaterielle Erfahrungen mehr als Geld, und sie brauchen Zeit für diese Erfahrungen.“, meint Benjamin Hunnicutt, Professor an der University of Iowa, der sich mit Arbeit und Freizeit beschäftigt.

Dieser gesellschaftliche Wandel ist nicht völlig überraschend, wenn man bedenkt, dass sich der „Standard“ der Arbeit im Laufe der Zeit immer wieder verändert hat und der 8-Stunden-Arbeitstag kein inhärentes „Naturgesetz“ ist. Lassen Sie uns einen Blick auf die Geschichte werfen. 

Die Entstehung der 5-Tage-40-Arbeitsstunden-Woche

Bis 1908 war die 6-Tage-Woche die Regel. Nur an Sonntagen konnten sich die Arbeiter:innen erholen. 1908 stellte dann eine Mühle in den USA ihr System auf eine 5-Tage-Woche um, da die größtenteils jüdischen Angestellten darum baten, samstags den Sabbat abhalten zu dürfen. Diesem Beispiel folgten viele weitere Firmen. In den 1930er-Jahren wurde die 5-Tage-Woche schließlich flächendeckend eingeführt. Die neue Arbeitswoche mit fünf Tagen und 40 Stunden sollte darüber hinaus die Arbeitslosigkeit bekämpfen.

In Deutschland war die Entwicklung der 5-Tage-Woche durch eine Regelung für Fabriken im Jahr 1918 bedingt, die unter der Leitung des Sozialpolitikers Ferdinand Hanusch eingeführt und 1918 gesetzlich verankert wurde. Damals war es jedoch noch die Regel bis zu 60 Stunden pro 5-Tage-Arbeitswoche zu arbeiten. In den folgenden Jahren wurde die Arbeitszeit sukzessive reduziert: am 1. Februar 1959 von 48 auf 45 Arbeitsstunden und ab 1969 bis 1975 schrittweise auf 40 Stunden pro Woche. 

Die 4-Tage-Woche im Test

Die 4-Tage-Arbeitswoche ist kein spontaner Trend der Geschäftswelt. Sie wurde von mehreren Firmen getestet bzw. eingeführt. So testete Microsoft Japan im Sommer 2019 das Konzept und konnte durchaus positive Ergebnisse feststellen: die Produktivität steigerte sich durch die 4-Tages-Woche um 40 Prozent.

Island hat seit 2015 in einem großen Experiment die Auswirkungen der verkürzten Wochenarbeitszeit genauer untersucht. Der erste Testlauf umfasste bis zu 2.500 Arbeitnehmer:innen. Beim zweiten Testlauf nahmen ab 2017 mehr als 400 Personen teil.

Die fünf Erkenntnisse Islands aus diesen Testphasen

  • Die Leistung und Produktivität sind bei der 4-Tage-Woche konstant geblieben.
  • Die Anzahl der Überstunden ist im Vergleich zur 5-Tage-Woche nicht übermäßig angestiegen.
  • Eine Umstellung auf die 4-Tage-Woche ist nicht so aufwändig wie befürchtet.
  • Die Angestellten waren im Vergleich zur 40-Stunden-Woche insgesamt weniger krankgeschrieben.
  • Durch die 4-Tage-Woche nutzten viele Angestellte ihre Freizeit sinnvoll(er).

Nach Abschluss der Versuchsreihe verhandelten isländische Gewerkschaften und Verbände dauerhafte Arbeitszeitverkürzungen. Insgesamt haben nun etwa 86% der gesamten isländischen arbeitenden Bevölkerung das Recht auf verkürzte Arbeitszeiten.

Die Vorteile der 4-Tage-Woche im Überblick

Steigerung der Motivation und Gesundheit

Die Mitarbeitenden haben längere Erholungsphasen. Das sorgt für einen großen Motivationsschub und kann die Bereitschaft für Überstunden an den vier Arbeitstagen pro Woche steigern. Die Arbeitszeit wird produktiv genutzt, überflüssige Zeitfresser werden in der Regel gestrichen. Die drei Tage zur Entspannung wirken sich wiederum positiv auf die Gesundheit aus.

Die Mitarbeitenden haben mehr Zeit zum Ausschlafen, für Hobbys oder gemeinsame Zeit mit der Familie. Das wirkt sich positiv auf die mentale und physische Gesundheit aus, Krankheiten lassen sich bei der 4-Tage-Arbeitswoche besser auskurieren oder sogar verhindern. Krankheitsbedingte Ausfälle werden dadurch reduziert. Eine Studie der Henley Business School[2] zeigt, dass in Unternehmen, die eine Vier-Tage-Woche eingeführt haben, mehr als drei Viertel der Mitarbeiter (78 %) zufriedener sind, weniger Stress haben (70 %) und weniger Krankheitstage nehmen (62 %).

Der freie Werktag kann sinnvoll und ohne Ausfälle in ihren Unternehmen genutzt werden

Wenn ein Besuch beim Arzt, am Amt ansteht oder das Auto in die Werkstatt muss, kann der durch die 4-Tage-Woche freiwerdende Werktag dafür genutzt werden. Die Mitarbeitenden fallen damit in ihren Unternehmen nicht aus.

Unternehmen werden für Arbeitssuchende attraktiver 

Die 4-Tage-Woche hat sich insgesamt auf dem Arbeitsmarkt noch nicht durchgesetzt. Somit können Unternehmen dieses Angebot bei der Mitarbeiter:innen-Suche positiv hervorheben und erscheinen besonders innovativ und flexibel. Fast zwei Drittel (63 %) der Arbeitgeber gaben an, dass die Einführung einer Vier-Tage-Woche ihnen geholfen hat, Talente anzuziehen und zu halten.[3] Darüber hinaus steigert die 4-Tage-Woche die Mitarbeiter:innenbindung, da Angestellte durch die gesteigerte Work-Life-Balance seltener kündigen. 

Die 4-Tage-Woche steigert die Produktivität

Wie bereits oben erwähnt konnte Microsoft in der Testphase der 4-Tage-Woche in Japan eine 40%ige Steigerung der Produktivität nachweisen. Eine neuseeländische Treuhandgesellschaft stellte auf eine 4-Tage-Woche um und konnte einen Rückgang des Arbeitsstresses um 27 %, eine Steigerung der Produktivität um 20 % und eine Verbesserung der Work-Life-Balance um 45 % feststellen.[4]

Die 4-Tage-Woche hat einen positiven Impact auf das Klima und Gender Equality 

Britische Arbeitnehmende schätzen, dass sie im Durchschnitt knapp 900km pro Woche weniger fahren würden, was zu weniger Verkehrsemissionen führen würde. [5] Übertragen auf den gesamten Globus scheint die Vier-Tage-Woche damit eine vielversprechende Waffe im Kampf gegen die globale Erwärmung zu sein. Eine Studie der University of Massachusetts, Amherst, sagt voraus: „Wenn wir 10% weniger Zeit mit Arbeiten verbringen würden, würde sich unser CO2-Fußabdruck um 14,6% verringern, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass wir weniger pendeln oder in unseren Pausen zu kohlenstoffreichen Fertiggerichten greifen. Ein ganzer freier Tag in der Woche würde also unseren Kohlenstoff-Fußabdruck um fast 30% verringern.[6] Doch nicht nur das Klima würde profitieren.

Auch auf Gender Equality würde sich eine Umstellung positiv auswirken. In einem kürzlich erschienenen Bericht wird argumentiert, dass dies den Frauen helfen könnte, indem die Kinderbetreuungspflichten gleichmäßiger auf Frauen und Männer verteilt werden. Außerdem könnten Eltern ihren zusätzlichen freien Tag flexibler nutzen, um notwendige Besorgungen zu machen und sich um andere familiäre Angelegenheiten zu kümmern, so dass sie während der Arbeitszeit konzentrierter und produktiver arbeiten könnten.[7]

Gibt es Nachteile?

Der primäre Nachteil ist auf die Denkweise des Industriezeitalters zurückzuführen, dass die Arbeit nicht erledigt wird, wenn Mitarbeitende nicht an allen Werktagen anwesend sind, und dass wichtige Kund:innenbeziehungen darunter leiden könnten. Doch mit COVID und der Zunahme von remote work haben wir gelernt, dass die Fähigkeit seine Arbeit erfolgreich zu erledigen nicht notwendigerweise an der ständigen Anwesenheit von allen Mitarbeitenden in Unternehmen hängt. Die größte Herausforderung liegt im Denken der Führungskräfte. Es geht nicht darum, weniger zu arbeiten, oder um den Niedergang der Arbeitsmoral. Es geht nur um eine andere Art der Arbeitsauffassung.

Die Umstellung auf die 4-Tage-Woche. Wie es funktionieren kann

Eine Umstellung auf eine 4-Tage-Woche braucht eine gute Vorbereitung. Sie kann nicht von heute auf morgen funktionieren. 

  • Es braucht eine gute Übergangsphase. Dafür muss entsprechend Zeit eingeplant werden. 
  • Die Mitarbeitenden müssen eingebunden werden und es muss eine gemeinsame Strategie entwickelt werden, damit die 4-Tage-Woche gelingt. 
  • Es bedarf einer guten Kommunikationen nach außen – mit Kund:innen und Geschäftspartner:innen. 
  • In vielen Branchen braucht es ein ausgeklügeltes Schichtsystem, damit Service, Produktion und Erreichbarkeit innerhalb der Arbeitswoche weiterhin gewährleistet sind. 
  • Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen und ebenfalls nur an vier Tagen pro Woche arbeiten. 

Die Einführung der 4-Tage-Woche muss nicht automatisch mit einer Reduktion der Arbeitszeit einhergehen. Es gibt sowohl das 4 x 10-Stunden- als auch das 4 x 8-Stunden-Modell. Welches Modell für Unternehmen Sinn macht, muss man sich im Einzelfall anschauen. Nachdem die Motivation und Produktivität durch eine 4-Tage-Woche gesteigert werden, kann eine Reduktion der Arbeitszeit durchaus möglich sein. 

Wir bei MagnoliaTree machen uns über die Life-Work-Balance viele Gedanken, bieten unseren Mitarbeitenden flexible Zeit und Arbeitsmodelle an und empfinden das als ein Win:Win für alle. 


[1] https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/global/Documents/About-Deloitte/deloitte-2019-millennial-survey.pdf

[2] https://www.henley.ac.uk/news/2019/four-day-week-pays-off-for-uk-business

[3] https://www.henley.ac.uk/news/2019/four-day-week-pays-off-for-uk-business

[4] https://www.fingerprintforsuccess.com/blog/four-day-work-week

[5] https://www.henley.ac.uk/news/2019/four-day-week-pays-off-for-uk-business

[6] https://www.bbc.com/worklife/article/20190802-how-shorter-workweeks-could-save-earth

[7] https://www.washingtonpost.com/world/2020/05/24/will-coronavirus-pandemic-open-door-four-day-workweek/